Die Schweizer Hardrocker Shakra wollen mit ihrem Album «Everest» hoch hinaus. Von Bänz Friedli
«Kinder? Ich habe vier <Les Pauls>, das sind meine Kinder», brummelt Thom Blunier. Die E-Gitarre ist sein Liebstes, Hardrock sein Leben. Blunier hockt neben seiner Frau Monika am Stubentisch, finster ist's im alten Häuslein. Der 41-Jährige sitzt vornübergebeugt, blickt grimmig. Aber das ist keine Pose. Ein Morbus Bechterew krümmt sein Rückgrat, das Leiden ist unheilbar, schmerzvoll. Den Beruf als Automechaniker musste er schon kurz nach der Lehre aufgeben, seither zählt nur noch die Musik. Hier in Trub im Emmental hat er vor 26 Jahren seine erste Band gegründet, hier probte während vieler Jahre auch seine Gruppe Shakra. Langmähnige Kerle, maschinell stampfende Rhythmen, hysterisches Kreischen und übersteuerte Gitarren wie Kreissägen – Heavy Metal hier im schönen Dorf? Ja. Das krachendste Subgenre der Rockmusik passt durchaus ins Emmental. Denn mag der Geburtsort von Shakra Inbegriff von Abgeschiedenheit sein – das Emmental ist nicht das Idyll, zu dem die Restschweiz es gern stilisiert. Die Region ist industrialisiert, hier werden Uhren, Schraubenzieher, Landmaschinen produziert. Ausserdem war Hardrock nie die Musik der Metropolen. Er wurzelt im britischen Bluesrock der 1960er Jahre, die Pioniere Black Sabbath, The Move und Led Zeppelin waren Provinzler und beschallten die Arbeiterklasse von Birmingham mit trutzigem Lärm, der den Ausbruch beschwor. Eine Büezer- und Landjugendmusik ist Heavy Metal – wie der härteste Rock später getauft wurde – geblieben, sein grösstes Festival feiert er alljährlich im Dörfchen Wacken in Schleswig-Holstein. Eingespielt haben Shakra ihr siebtes Album «Everest» in Bärau im bandeigenen Studio in einer stillgelegten Leinenweberei. Das Quintett will hoch hinaus, und die Chancen für einen Spitzenplatz in den Verkaufslisten stehen gut. Bis auf Rang sieben schaffte es vor zwei Jahren ihre CD «Infected». Inzwischen haben sich Black Sabbath und Led Zeppelin wieder formiert, Guns N'Roses und Metallica die Hitparaden zurückerobert, und AC/DC sind auf umjubelter Welttournee. Hardrock boomt, auch die ganz Jungen entdecken die Musik der Altvordern. Liebenswerte Loser Selbst wenn «Everest» zum Karrieregipfel wird, sind Shakra keine strahlenden Siegertypen. Ein Sammelsurium schwieriger Biografien; kaum ein Mitglied, das nicht Schul- und Lehrabbruch, Ärger und Absturz hinter sich hätte. Ein chronisches Rückenleiden plagt den einen, der andere krampft in einem Arbeitslosenprojekt und ist mit den Alimenten in Verzug. Nur Gitarrist Tom Muster, der Musterknabe, kann als Songschreiber von der Musik leben. Sänger Mark Fox hingegen hat stets Geldsorgen, wird betrieben. Fox trägt Brandnarben, er wäre als Bub beinahe verbrannt, sein Leben war wochenlang in der Schwebe. Nach ein paar Bieren spricht er offen über seine seelischen Schwankungen, seine Abgründe. Shakra, eine Truppe von liebenswerten Losern. Dazu passt, dass sie einen frustrierten, unerlösten Musikstil spielen. Heavy Metal ist seit je strikt weiss, das Sexuelle wird darin zwar dauernd behauptet, anders als in der sinnlichen Black Music aber nie eingelöst. Ein Frustsound. Und: ein verfemter. Unlängst spottete der «Tages-Anzeiger» in einer Besprechung der Trendband The Killers über «den blöden Bombast, den man früher Hardrock nannte». Vermutlich liegt just hierin das Erfolgsgeheimnis des bombastischen Getöses Hardrock: Dass die Musikkritik ihn als zu altbacken, primitiv und simpel abtut, befeuert seinen Aussenseiter-Gestus, sein proletenhaftes Gehabe. Metal ist in Zeiten, da jeder Gangsta-Rapper zum literarisch wertvollen Künstler erhoben wird, noch die einzig wahrhaft böse, wüste Musik. Sie blüht fernab der Zentren und von deren Meinungsmachern, und solange sie von diesen verhöhnt wird, so lang erscheint sie ihrer Hörerschaft als derb, rebellisch und authentisch. Ihre Posen, der schwarzlederne Dresscode, der Langhaarzwang mögen lächerlich anmuten, sind aber nicht lächerlicher als manches Stilgebot in der urbanen Szene. Und wer Shakra je in ihrem Stammland rocken sah, im Festzelt in Walkringen oder auf einem zur Open-Air-Bühne umfunktionierten Heuwagen in Wasen, muss eingestehen, welche Wucht sie live haben. Sie befriedigen die Sehnsucht nach «echter» Musik als Antithese zur Künstlichkeit von Casting-Shows und computergeneriertem Techno. Grandioser Sänger Was nun «Everest» betrifft, haben Shakra ein, um im Jargon zu bleiben, geiles Album gemacht: druckvoller Krach mit drängelnden Riffs. Vom mitreissenden Eröffnungsstück «Ashes to Ashes» bis zur illusionslosen Schlusszeile «We cannot change the world» wird trotzig Nichtzugehörigkeit zur Gesellschaft zelebriert. Das Songwriting ist herausragend, Bluniers Leadgitarre grandios, und Sänger Fox sucht in der Schweiz seinesgleichen. Hingebungsvoll, desperat, zerrissen und zärtlich kann er klingen. Die Fachpresse vom norwegischen Magazin «Scream» bis zum dänischen «Metal Revolution» verteilt Höchstnoten, und dies ist ein Genre, in dem nur die Fachpresse zählt. Wobei diesmal die obligate Radioballade «Why» die Tür zum Mainstream und damit zum Massenerfolg weit öffnet, und mit «Hopeless» halten Shakra einen Heuler in bester Scorpions-Manier bereit. Eben touren Shakra durch Deutschland und Italien, ein Konzert in Zürich steht an. Danach will der Truber Bub Thom Blunier sofort heim. «Ich bin halt ein Landei», sagt er. Drum sei er ein Leben lang in Trub geblieben. Und sollte es mit Shakra mal zu Ende sein? «Dann würde ich sofort eine neue Band gründen. Eine noch härtere.
Shakra in Film, CD, Konzert Bänz Friedli arbeitet mit dem Berner Regisseur Bernhard Giger an einem Dokumentarfilm über Shakra. CD: «Everest», Sony Music. Konzert: Volkshaus, Zürich, 2. Mai 2009
yonaka
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Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 19.04.09 9:10
sehr idrücklech gschribe. dä text gfallt mer.
etz muessi aber vorwärts mache, süsch verpass i no mi zug nach hamburg
Gast Gast
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 19.04.09 10:28
Heute morgen auf DRS 3 hat der Moderator genau diesen Artikel aus der "Sonntagszeitungs-Presse" herausgepickt. SHAKRA hätten es geschafft, 1/2 Seite in der NZZ zu füllen. Eigentlich war nix Schnodriges in der kurzen Zusammenfassung des Textes
Exil-Ämmitaler
Anzahl der Beiträge : 7245 Anmeldedatum : 02.04.08 Alter : 105 Ort : oscht-block
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 19.04.09 19:27
hey, en supercoole text, würklich idrücklich,
und vor allem staht nid nur das drinn wo me scho überall het chönne läse
Mr._Crowley
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Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 19.04.09 21:21
Ich wusste nicht, dass Thom Morbus Bechterew hat.... Krass... Das heisst PAINKILLER, PAINKILLERS and Painkillers...
gabriela
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Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 20.04.09 1:38
Mr._Crowley schrieb:
Ich wusste nicht, dass Thom Morbus Bechterew hat.... Krass... Das heisst PAINKILLER, PAINKILLERS and Painkillers...
mick mars hat ebenfalls *bechti*. ist gar nicht soo selten. aber sehr schmerzhaft! ich kenne selber auch noch zwei menschen mit bechti..
über chronische krankheiten möchte man halt nicht sprechen. die leute wollen's auch gar nicht hören. ist meist mehr die blanke neugier, als wirkliches interesse.
man sollte in erster linie auch den MENSCHEN sehen und nicht seine krankheit!
da ich selber eine chronische, unheilbare krankheit habe, möchte ich selber nicht auf meine krankheit reduziert werden. aber es darf mich jeder fragen, wenn er was wissen möchte. mein freund alex hat ebenfalls die gleiche krankheit.
sorry, ist jetzt halt off topic gewesen.
aber zurück zum thema:
also den text finde ich auch sehr gut geschrieben.
rockigi grüess gabriela
Andy
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Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 20.04.09 16:30
Merci Gabriela......cha dini Wort Beschtätige
Nineli
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Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 20.04.09 19:54
Hanget scho i mim Zimmer dr Zitigabschnitt
Rämi
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Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 21.04.09 7:26
Ha dä Ziitigsusschnitt grad vo drü Arbeitskollegä i mis Fächli gleit übrcho
cha mi öinä Kommentarä numä aschliässä, mega guät gschribä!!!
Gast Gast
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 21.04.09 14:26
Rämi schrieb:
Ha dä Ziitigsusschnitt grad vo drü Arbeitskollegä i mis Fächli gleit übrcho
cha mi öinä Kommentarä numä aschliässä, mega guät gschribä!!!
Hets Föteli debi gha? I ha äbe nume d Text-Version...
Rämi
Anzahl der Beiträge : 4358 Anmeldedatum : 23.06.08 Alter : 38 Ort : Basel
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 22.04.09 6:58
@MOM: ja, das isch drbi gsi!
Gast Gast
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 22.04.09 7:26
Rämi schrieb:
@MOM: ja, das isch drbi gsi!
MERCI
cathy Text-Göttin
Anzahl der Beiträge : 12731 Anmeldedatum : 02.04.08 Alter : 51 Ort : Heaven on Earth (Basel........)
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 22.04.09 11:48
Super Text, aber schad dass si es alts Fötteli verwändet hän
Gast Gast
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 22.04.09 11:49
cathy schrieb:
Super Text, aber schad dass si es alts Fötteli verwändet hän
Wir sind ja schon froh, dass es keines mit Pete Widmer ist... Es gibt da so Spezialisten, die grübeln immer wieder URURalte Pics raus
cathy Text-Göttin
Anzahl der Beiträge : 12731 Anmeldedatum : 02.04.08 Alter : 51 Ort : Heaven on Earth (Basel........)
Thema: Re: NZZ am Sonntag, 19.04.09 22.04.09 11:50
MOM schrieb:
cathy schrieb:
Super Text, aber schad dass si es alts Fötteli verwändet hän
Wir sind ja schon froh, dass es keines mit Pete Widmer ist... Es gibt da so Spezialisten, die grübeln immer wieder URURalte Pics raus
Wenn me's natürlich so muess gseh, muess me scho sage, si sin sehr aktuell